TIKATO- Staudamm: es geht ums Überleben

 

Mit großer Anspannung machte sich die Wetzlarer TIKATO- Reisegruppe während des dreiwöchigen Aufenthalts auf den Weg zum Staudamm. Was würde sie dort erwarten? Zweieinhalb Stunden Fahrt von der Hauptstadt Ouagadougou lagen hinter Peter Balß, Katharina Graben, Katja Heikenwälder, Heidi Stiewink und Wilhelm Wilmers, als sich ihnen nach Ende einer Buckelpiste ein unerwartetes Bild bot: Fast 1000 Menschen waren zum Empfang der Partner aus Deutschland gekommen. Große Hoffnung setzten sie in diesen Besuch.

Noch ahnten die Fünf nicht, wie wichtig sie als Botschafter einer erwarteten guten Nachricht waren. Erst einmal erfreuten sie sich an der so herzlichen Begrüßung mit lauten westafrikanischen Trommelklängen, den traditionellen temperamentvollen Tänzen. Und an  den einfühlsamen Erkundigungen durch die fünf Dorfchefs, die religiösen Vertreter, die Dorfältesten, den 84 jährigen Pfarrers David Ouedraogo, den Bürgermeisters, die Präfektin, die Weisen des Dorfes nach dem Wohlergehen der Gäste und am herzlichen Händeschütteln mit Frauen, Männer und Kindern. Es sollte zu einem Hoffnungsfest werden.

Nach dem gemeinsamen Aufstieg zur durch den sintflutartigen Regen am 31. Juli des letzten Jahres geborstenen Dammkrone aber verschlug es den westlichen Betrachtern die Sprache. “Es ist ja viel schlimmer, als nach den Fotos befürchtet“, konstatierte der Dalheimer Geologe und Experte Wilhelm Wilmers. Das Wasserrückhaltebecken (Barrage) war bis auf eine von Ziegen, Rindern und Schafen genutzte Wasserlache leer. Und von der früher riesigen Anbaufläche waren noch nicht einmal fünf Prozent mehr vorhanden. Hatten die Einwohner fachgerecht die drei Breschen mit von Wetzlarer Spenden finanzierten Sand- und Lehmsäcken können, um das noch zu erwartende Regenwasser zu speichern, war diese Arbeit trotzdem umsonst gewesen: Es hatte danach im nördlichen Pissila , dieser besonderen Dürrezone, nicht mehr geregnet. Zum gleichen Zeitpunkt rissen aber sintflutartige Regenfälle in 16 afrikanischen Ländern, darunter auch in der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou Häuser, Brücken und Straßen weg, verwüsteten das Land und machten viele Menschen obdachlos. Doch kein Tropfen Regen in Tikato.

Die Hoffnung in Tikato starb. Vor allem die jungen Menschen verließen ihre Heimat, gingen in die Elfenbeinküste, um Arbeit zu finden. Von dort aus ernähren sie jetzt ihre Familien. Und hoffen, dass jemand Geld für ihren Staudamm findet. „Denn dann kommen sie sofort zurück“, sagt Pascal, der Zehnjährige und spricht von seinem großen Bruder und seinen Freunden. Hoffnung auf Wasser, Säen, Pflanzen, Ernten für die erforderliche Selbstversorgung ist seit August dahin. „Wie dankbar waren wir, als die Spenden aus Eurer Heimat eintrafen und wir dafür 40 Tonnen Getreide kaufen konnten“, strahlt der alte Pastor David, wohl wissend, dass das eigentlich nicht das ist, was sie sich für eine Selbstständigkeit wünschen. Ein Teil wird verschlossen in einem stabilen Speichergebäude aufbewahrt, ein weiterer Teil wurde gleich als Soforthilfe an die Menschen in der Großgemeinde abgegeben, die alles durch den Starkregen verloren hatten.

Pastor David und seine Frau hatten den fünf TIKATO- Freunden für ein Matratzen-Nachtlager ihr kleines Lehmziegelhaus geräumt, denn die wollten noch mit den Frauen und der Kirchengemeinde ins Gespräch kommen. Und so saßen sie bei Vollmond unter dem herrlichen Sternenhimmel Afrikas und sannen auf Hilfe. “Es geht hier ums Überleben“, sagte einer der Dorfchefs. Das war auch für die Wetzlarer nicht zu übersehen. Doch viele Schwierigkeiten galt es noch auszuräumen. So führte Dr. Wilmers mehrere Gespräche mit dem Talsperrenchef Adama Nombré und ein weiteres konnten er und Heidi Stiewink mit Herrn Béré, dem Verantwortlichen aus dem Ministerium für Landwirtschaft und Wasser, erfolgreich führen. 20 Barragen wurden in Burkina durch den Regen zerstört; die in Pissila habe seitens der Regierung erste Priorität, sagte Béré. Und doch müssen erst Fach-Studien erstellt werden. Ein Jahr ohne Staudamm hätte aber die endgültige Vernichtung der Wasserquelle sowie eine große Landflucht zur Folge und würde damit auch die „Folgeprojekte am Staudamm“ mit den bereits investierten 35.000 Euro vernichten. Ein Antrag wird durch das kirchliche Entwicklungsbüro (ODE) in Ouagadougou an eine europäische Hilfsorganisation gestellt werden. Solange will TIKATO Platzhalter sein. „Jetzt und nicht später muss der Damm gesichert werden, um wenigstens die Regenzeit 2010 zu nutzen.“, appelliert der Geologe Wilmers an die heimische Bevölkerung. Denn nicht vor Ende 2010 oder gar erst 2011 würde eine angedachte „große Lösung“ einer inländischen oder europäischen Hilfsorganisation nach eingehender Studie zum Tragen kommen. Bis dahin aber wären 5000 Menschen von westlichen Nahrungsmittel-Lieferungen abhängig. Dies aber passt nicht in das TIKATO- Entwicklungskonzept „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Und so rufen der Arbeitskreis Brot für die Welt- TIKATO gemeinsam mit den Superintendenten Ute Kannemann und Roland Rust erneut zu Spenden auf. Denn nur, wenn jetzt spätestens im Mai mit der fachgerechten Reparatur der drei großen Durchbrüche und des tiefen Lochs begonnen wird, das teilweise bis zu zwei Metern unter die Talsohle vom strömenden Wasser ausgespült wurde, reicht die Reparaturzeit gerade noch bis zum Beginn der Regenzeit. Über einen großen Abschnitt ist die Krone bis auf die Höhe des Überlaufs abgetragen. 50.000 Euro werden benötigt, denn der Damm soll auf seinem vollen Querschnitt endgültig wieder hergestellt werden, so dass er gegen Erosion und Überströmen dauerhaft  gesichert ist. Eine deutsche Firma will Geotextilmatten zum Erosionsschutz sponsern. Doch am Anfang steht jetzt eine topografische Aufnahme der für die Reparatur vorgesehenen Abschnitte. Der kirchliche Partner ODE muss diese Arbeit in Auftrag geben und dafür werden die ersten Spendenmittel verwendet.

 „Wir machen uns so bald wie möglich an die Arbeit - und wissen dabei viele Menschen aus dem Raum Wetzlar in Solidarität“, sagt mutig der alte Pastor David und blickt gemeinsam mit dem ODE- Direktor Etienne Bazié hoffnungsvoll in die Zukunft der Menschen am Staudamm.

Spenden werden erbeten unter dem Stichwort „TIKATO- Staudamm“ auf das Konto des Evangelischen Rentamts 100 30 906,BLZ 515 500 35, Sparkasse Wetzlar. Eine Überspendung würde „Kleinprojekte am Staudamm“ zugute kommen.

Weitere Infos unter www.tikato-burkina-faso.de
und Telefon 06446 595

 

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Evangelischer Kirchenkreis Braunfels - Arbeitskreis Brot für die Welt - TIKATO - Fon: 06446/595 - Email: info@tikato-burkina-faso.de

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